Wolfsburg. Seit Jahrzehnten spielt er mit Weltstars im Studio und auf der Bühne. Im Hallenbad spielt er ein kleines Konzert. Was das Publikum erwartet.

Dominic Miller hat in den vergangenen Jahrzehnten eine beeindruckende Karriere hingelegt. Der 64-Jährige ist Stammmitglied der Band von Ex-Police-Sänger Sting und treibt zugleich eine Solo-Karriere voran. Er schrieb die Melodie des Sting-Klassikers „Shape of my Heart“, spielte mit Bryan Adams, den Backstreet Boys, Phil Collins, Rod Stewart, Tina Turner und vielen weiteren Weltstars Songs ein oder stand mit ihnen auf der Bühne. Was will man mehr? „Wie für die meisten Musiker versuche ich, mich beständig zu verbessern“, sagt Miller im Gespräch mit unserer Zeitung bescheiden. „Mein einziges weiteres Ziel ist es, einmal in meinem Leben ein Stück von Bach perfekt zu spielen.“

Ob das Publikum im Wolfsburger Hallenbad, wo Dominic Miller mit seiner Band am Samstag, 4. Mai, auf der Bühne steht, Zeuge dieses Ereignisses wird? Eher unwahrscheinlich. Der in Argentinien geborene US-Gitarrist stellt auf seiner aktuellen Tour sein neues Solo-Album „Vagabond“ vor. Darin setzt er zwar, anders als in seiner Zusammenarbeit mit Sting, auf einen klassischen Gitarrensound. Das Album hat aber weniger mit Bachs mathematisch genauer Harmonielehre und dafür mehr mit einem freieren, jazzigeren Umgang mit Tonalität, Rhythmus und Melodieführung zu tun.

„Vagabond“: Dominic Millers Album klingt jazzig, ist aber leicht verdaulich

Mit acht Songs und einer Spieldauer von einer knappen halben Stunde ist das Instrumental-Album kurz, aber dennoch wunderbar schwelgerisch. Die Melodien bewegen sich leichtfüßig durch ruhige und bedächtige Klanglandschaften; eindeutig Jazz, aber sehr gut verdaulich. Und trotzdem nicht anbiedernd poppig oder beliebig. Man merkt Millers Komposition wie auch seinem Gitarrenspiel die Jahrzehnte professioneller Erfahrung an.

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Von Eva Nick, Florian Arnold und Stefan Lienert

Eingespielt wurde das Album in Quartettbesetzung. Der schwedische Pianist Jacob Karlzton und der Jazz-Schlagzeuger Ziv Rvitz sind mit dabei, genauso wie Millers langjähriger Bassist Nicolas Fiszman. Vor allem die Piano-Parts klingen nicht strikt durchkomponiert, sondern improvisiert. Und das, obwohl laut Miller die Stücke weitgehend fertig geschrieben sind, sobald es für die Band ins Studio geht.

Sting-Gitarrist ließ sich von einem Gedicht von John Masefield inspirieren

„Viel von dem, was die anderen spielen, ist improvisiert, aber das Arrangement ist trotzdem streng“, sagt Miller. „Meine Herangehensweise ist eher die eines Songschreibers als die eines Komponisten.“ Also: Klare Strukturen, in denen sich die freien Improvisationen bewegen.

Das Ergebnis sind Songs, die dazu einladen, sich für einen Moment selbst zu vergessen und ganz der Musik hinzugeben. Sie klingt nach einem Spaziergang ins Unbekannte, ohne Furcht vor dem Neuen, getragen von ruhiger Gelassenheit. Miller selbst nennt als Inspiration für seinen Albumtitel das Gedicht „Vagabond“ von John Masefield. Darin geht es um die unbedarfte Wahrnehmung der Welt als etwas, das eben da ist, und nicht analysiert, nicht akademisch untersucht werden muss. Es sei das Lieblingsgedicht seines verstorbenen Vaters gewesen, sagt Miller. Der Song „Mi Viejo“ dürfte eine Hommage an ihn sein. Darauf spielt Miller ohne Begleitung ein langsam dahinschweifende Melodie auf der Konzertgitarre, die zwar traurig, aber auch seltsam versöhnlich klingt.

Gitarrist Dominic Miller spielt vor kleinem Publikum im Wolfsburger Hallenbad

Danach gefragt, winkt der Gitarrist allerdings ab: „Es ist schwer oder sogar sinnlos, ein Instrumentalstück zu erklären oder ihm eine Geschichte zu geben“, sagt er, „ich glaube, das ist die persönliche Sache jedes Zuhörers.“ Musik ohne Text wecke individuelle Gefühle und Erinnerungen in Menschen. „Wenn man in meinen Songs seine eigene Bedeutung findet, habe ich meinen Job getan. Als Autor ist genau das mein Motiv.“

Er sehe sich als Wanderer, und als solcher führt ihn sein Weg nun nach Wolfsburg – übrigens nicht zum ersten Mal. Das Hallenbad besuchte Dominic Miller schon mehrmals. Ein kleines Format, verglichen mit den Stadion-Konzerten eines Megastars wie Sting. „Viele Menschen verstehen nicht, dass es einfacher ist, in einem Stadion zu spielen“, sagt Miller, „aber ich liebe beides.“

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