Braunschweig. Zum 300. Geburtstag des Landschaftsmalers Pascha Weitsch zeigt das Braunschweiger Herzog-Anton-Ulrich-Museum seine schönsten Werke.

Noch heute bringen Familien, wenn sie auf ererbten Gemälden ein paar Eichen entdecken, ihre Kunstwerke zur Begutachtung ins Braunschweiger Herzog-Anton-Ulrich-Museum. „Leider war noch nie ein echter Pascha Weitsch dabei“, erzählt Silke Gatenbröcker, Leiterin der Gemäldeabteilung. Dabei habe der Braunschweiger Landschaftsmaler seinerzeit, im 18. Jahrhundert, wirklich viele Arbeiten an privat verkauft. Und Eichwälder waren, wie vielerlei Harzmotive, seine Spezialität. „Er hatte sogar Verbindungen zu einem deutschen Agenten in Paris, der diese Stücke auch in Frankreich umsetzte.“

Leider gibt es keine Verkaufsverzeichnisse mehr, auch Weitsch zählte seine Werke offenbar nicht. So muss man sich zum 300. Geburtstag auf das konzentrieren, was ohnehin schon im Museum ist. Gatenbröcker hat eine Jubiläumsschau aus den Beständen kuratiert, die den im braunschweigischen Hessen am Fallstein geborenen Autodidakten als großen Landschaftsmaler und Wegbereiter der Romantik würdigt.

Gegen die Schwermut hinaus in den Wald

Er selbst war wohl schon so eine romantische Seele, die es von Kindheit an in die Wälder zog. Der Dachdeckersohn durfte zwar aufs Osterwiecker Gymnasium, aber richtig wohl fühlte er sich als Jagdhelfer oder bei seinen einsamen Streifzügen durch die Vorharzlandschaft. Später diagnostizierte ein Arzt Züge von Schwermut und empfahl ihm Ausflüge in die Natur geradezu als Therapie.

Hätte es nicht gebraucht. Das steckte ihm sowieso im Blut. Auch das Zeichnen hatte ihn niemand gelehrt, er tat es einfach. Und zwar so gut, dass es seinem Vorgesetzten beim Militär auffiel. Er soll mal über Nacht zwei Gemälde eines Kunsthändlers so täuschend echt kopiert haben, dass der selber ganz ins Staunen kam, erzählt Gatenbröcker. In einer kleinen Residenz wie Braunschweig sprach sich das rum, der Herzog entdeckte das „Natur-Talent“, so heißt auch die Jubiläumsschau, und schon durfte er sich als Porzellanmaler für die neu gegründete Manufaktur Fürstenberg, Zweigstelle Braunschweig, ausprobieren. Wofür er wieder viel durch die Natur wandern durfte, um Skizzen für die Motive zu machen.

Pascha Weitsch: „Das Bodetal mit der Roßtrappe“ von 1669, eines der bekanntesten Gemälde des Landschaftsmalers.
Pascha Weitsch: „Das Bodetal mit der Roßtrappe“ von 1669, eines der bekanntesten Gemälde des Landschaftsmalers. © Kultur

Rüningen und Vechelde auf Tellern und Schüsseln

Es entstand das heute berühmte Service mit den braunschweigischen Stadt- und Dorfansichten. Man speiste also mit Blick auf Schloss Hessen oder Rübeland im Harz und schöpfte Rosenkohl aus der Schale „Vor Rüningen“. Weitsch musste die Wölbungen der Schalen und Kannen in der Komposition berücksichtigen. In der Schau sind die Dauerleihgaben der Borek-Stiftung zu sehen. Ein großer Teil ging leider als Souvenir mit einer Prinzessin nach England und wird heute auf Schloss Windsor verwahrt. Schade.

Gestaltet sind die Motive als Vedouten. Ein Baum links, eine Anhöhe rechts begrenzen wie Theaterproszenien die Bühne für das friedlich schlummernde Dorf. Oft sitzt eine Staffagefigur am Rande und zieht so den Blick des Betrachters hinein ins Bild, in die Landschaft. In der Ausstellung sind einige Teller direkt den Grafit-Skizzen gegenübergestellt. Die erfassen die Landschaft sehr viel sachlicher, dokumentieren manchmal ganze Panoramen. Auf der Zeichnung Salzdahlums ist aber auch schon der Staffage-Gucker am Rand zu sehen.

Zeichnend durch den Harz vom Bodetal bis zum Brocken

Thomas Döring, Leiter des Kupferstichkabinetts, schwärmt natürlich, wie Weitsch auch auf den Zeichnungen die Perspektive und Lichtwirkung schon bedenkt. Andererseits bleibt manches unausgeführt, das war dann klar, hier geht der Wald weiter. Eindrucksvoll ist der Einstieg per Leiter in die Baumannshöhle gezeichnet, massiv wölbt sich ein Fels der Teufelsmauer über den Wanderer.

Das Malen lernte Weitsch bei den Alten Meistern der herzoglichen Galerie in Salzdahlum, zu der er Zutritt erhielt. Sein „Wasserfall“ aber fällt gegenüber der Dramatik Ruisdaels gar zu gemäßigt aus. Ihm ging es nicht um den barocken Effekt von Gefahr und Vergänglichkeit, sondern um die Erhabenheit der Natur, in die er sich tief versenkte. Ob er nun aus der Perspektive der winzigen Staffage-Figuren am Rand der Felsen über die Bodeschlucht zur Roßtrappe blickt oder im Alter noch einmal vom Fallstein aus die seit dem Kindesalter vertraute Sicht auf den Brocken malt.

Berühmt für die Querumer Eichwälder

Weitsch schlägt Angebote an die Düsseldorfer Akademie aus, wird deren und der Berliner Ehrenmitglied, bleibt immer der Heimat treu. 1788 wird er Inspektor der herzoglichen Galerie, einige seiner Werke dürfen nun und bis heute neben den Alten Meistern hängen.

Das Schloss seines Heimatorts Hessen am Fallstein hat Pascha Weitsch auf einen Fürstenberger Prozellanteller der Serie mit braunschweigischen Ansichten gemalt.
Das Schloss seines Heimatorts Hessen am Fallstein hat Pascha Weitsch auf einen Fürstenberger Prozellanteller der Serie mit braunschweigischen Ansichten gemalt. © HAUM | HAUM

So liegt über seinem „Eichwald bei Querum“ Abendfrieden. Hirte und Rinder sitzen am Eingang einer von den Baumstämmen getragenen Blattdachkathedrale, das ist noch nicht die hohe Gotik auf den Gemälden Caspar David Friedrichs, aber doch eine Kapelle zur Einkehr in die Natur, während der freie Weg zum Abendrot führt. Gatenbröcker sieht hier zurecht den Beginn der Romantik. Und wie aufgeladen mit nationalem Mythos die Eichen gerade zu jener Zeit auch sein mögen, hier wirken sie nicht wie Monumente germanischer Kultur, sondern eher als würdiger Inbegriff von stetem Wachsen und in sich ruhendem Alter.

Fotowettbewerb auf Weitschs Spuren im Harz

So nimmt es nicht wunder, dass Weitsch das Grabdenkmal in seiner „Gebirgslandschaft“ wieder übermalt hat. Bei Friedrich werden sich später Denkmale aus den Freiheitskriegen in den Harzschluchten finden. Insofern wäre es doch interessant gewesen, das im Museumsbesitz befindliche Gemälde Weitschs eines solchen Denkmals zu zeigen.

Die Ausstellung ist nicht groß, aber setzt die Meisterwerke Weitschs gut kommentiert und auffällig gut ausgeleuchtet ins Licht. Das neue Hängesystem mit bedruckten Wandbespannungen unterstützt den Gesamteindruck und soll künftig neue Ausstellungen ohne große Malerarbeiten und Umbauten in dichterer Folge möglich machen, so Museumsdirektor Thomas Richter. Sieht echt gut aus.

Ein Raum ist Ergebnissen des Fotowettbewerbs „Weitsch Reloaded“ mit Harz-Bildern gewidmet. Während der Laufzeit der Ausstellung können Besucher eigene Fotos einsenden unter: https://3landesmuseen-braunschweig.de/herzog-anton-ulrich-museum/ausstellungen/aktuelle-ausstellungen/weitschreloaded.

Wenn sich nochmal ein Fotokünstler auf Weitschs Weg durch die braunschweigischen Lande machte, fielen die Ergebnisse wohl weniger romantisch aus.

Bis 7. April, Di.-So. 11-18 Uhr.