Berlin. Eine Hinterbliebene des Anschlags vom Breitscheidplatz sollte zur Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ kommen. Dann folgte die Ausladung.

  • Eine Hinterbliebene des Anschlags vom Berliner Breitscheidplatz sollte zur ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ kommen
  • Kurz vorher wurde sie ausgeladen
  • Wollte der Sender unbequeme Fragen verhinden?

Eigentlich sollte auch Astri­d Passin in der am Donnerstag ausgestrahlten ZDF-Sendung „Klartext, Frau Merkel!“ ein paar Fragen an die Kanzlerin stellen. Passin ist die Sprecherin der Hinterbliebenen der Opfer des Terroranschlages vom Berliner Breitscheidplatz. Das ZDF selbst hatte sie zu der Sendung eingeladen. Doch nur wenige Stunden vor der Aufzeichnung wurde ihr abgesagt – aus Furcht vor unbequemen Fragen?

„Die Begründung war nicht glaubhaft“, sagte Passin nun zur „Berliner Morgenpost“. Zwei Tage zuvor war die Sendung „Klartext, Herr Schulz!“ mit dem Kanzlerkandidaten der SPD ausgestrahlt worden. Bürger, die Fragen gestellt hätten, seien anschließend von Medien und in sozialen Netzwerken attackiert worden. Das wolle man ihr ersparen, so lautete nach Passins Angaben die Begründung des öffentlich-rechtlichen Senders. Sie aber sagt: „Ich denke, meine Fragen wären denen zu unbequem gewesen.“

„Ich habe gespürt, die wollen nicht, dass ich komme“

Passin habe erwidert, sie sei es als Sprecherin der Hinterbliebenen gewohnt, von Medien bedrängt zu werden. „Ich habe erklärt, dass ich es sehr schade und traurig finde, Frau Merkel meine Frage nicht stellen zu dürfen“, so Astrid Passin in der „Morgenpost“. „Das hat aber auch nichts genutzt. Es folgten immer wieder die gleichen Erklärungen. Ich habe gespürt, die wollen nicht, dass ich komme.“

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    Für Passin sei es bereits die zweite verpasste Chance, mit der Kanzlerin ins Gespräch zu kommen. Im März habe ihr Anwalt einen Brief an Angela Merkel geschrieben mit der Bitte um ein Treffen mit den Hinterbliebenen vom Breitscheidtplatz. Das Treffen kam nicht zustande. „Das war damals schon enttäuschend“, so Astrid Passin. „Wir möchten schon gern wissen, warum sie sich als Bundeskanzlerin noch nicht die Zeit genommen hat, uns kennenzulernen, und warum von ihr nicht wenigstens ein persönliches Kondolenzschreiben kam.“

    ZDF bestätigt kurzfristige Ausladung

    In die ZDF-Sendung sei sie im Juli nach einem Auftritt in einer TV-Reportage eingeladen worden. „Wenn man in dieser schwierigen Zeit dann auch noch das Gefühl hat, von Politik und Behörden alleingelassen zu werden, wird das Leid wohl noch viel größer“, zitiert Passin die Einladungsmail des ZDF. Ihr Auftritt in der TV-Reportage habe „nachaltig Eindruck hinterlassen“.

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      Das ZDF bestätigte nach Angaben der Zeitung, dass sich die Redaktion „unmittelbar vor der Sendung noch einmal mit den möglichen Gästen befasst“ habe. Nach der „Klartext“-Sendung mit Schulz sei „kritisch geprüft worden, wem der Druck der Live-Situation und die mediale Nachwirkung eines Auftritts vor einem Millionenpublikum zuzumuten ist“. Das ZDF sei mit Frau Passin jedoch weiter im engen Kontakt. Geplant sei eine Dokumentation über die Opfer des Anschlags und ihre Angehörigen.

      CDU-Sprecher verneint Einflussnahme

      Ein CDU-Sprecher erklärte gegenüber der „Morgenpost“: „Wir haben die Gäste nicht ausgesucht, hatten keinerlei Zugang zum Auswahlverfahren und keine Kenntnis, wer als Gast erscheinen und was er fragen wird.“ (küp)

      • Dieser Text erschien zuerst auf www.morgenpost.de.