Essen. In „Verräter – Tod am Meer“ gerät ein DDR-Polizist ins Visier der Stasi. Regisseurin Meletzky bringt einen neuen Ton ins Krimigeschäft.

Zuerst ist da die Leiche einer Frau, eine Kugel in der Stirn, die von der Volkspolizei aus der Ostsee gezogen wird. Offenbar ein Republikflüchtling, der sich mit dem Schlauchboot hat absetzen wollen und dabei vermutlich erschossen wurde. So will man es zumindest aussehen lassen in der DDR des Jahres 1988. Doch da ist kein Uniformierter zu finden, der den Schuss hätte abgeben können. Und der junge Polizist Martin Franzen (Albrecht Abraham Schuch) glaubt sowieso nicht an diese Theorie. Zum einen ist da der Ehemann, der auch unter Stasi-Folter nicht bekennen mag, dass seine Gattin in den Westen „rübermachen“ wollte. Und dann fällt Martin auch noch ein seltsamer Brief der Toten in die Hand, der für eine Freundin in Berlin gedacht war. Der Ermittler folgt dieser Spur – heimlich, nachdem die Stasi den Fall übernimmt.

Was sich da nun allmählich an Ungeheuerlichem herauskristallisiert, das hat die Autorin Christa Bernuth 2006 in ihrem Roman „Innere Sicherheit“ beschrieben. Diesen Titel aber durfte man nicht mehr verwenden, da bereits ein mit vielen Preisen dekorierter gleichnamiger Film von Christian Petzolt mit ähnlichem Thema existiert. Deshalb trägt der Film nun den Allerweltstitel „Verräter – Tod am Meer“ und erinnert damit an die kaum noch zu unterscheidende Krimiflut. Das aber hat der von Franziska Meletzky so präzise inszenierte Politthriller mit all seinen Verästelungen wahrlich nicht verdient.

Unfreiwilliges Paar flüchtet vor den Behörden

Martin Franz nämlich gerät bei der Übergabe des Briefes an die Freundin der Toten: Nina (stark: Hannah Herzsprung) hat eine RAF-Vergangenheit. Beide finden sich bald als Staatsfeinde auf der Flucht vor der Stasi und Bundesnachrichtendienst.

Vom „Tod am Meer“ kann inzwischen keine Rede mehr sein, denn das widerwillig zusammengeschmiedete Pärchen befindet sich in der Mitte des Films längst auf einem Roadtrip quer durch die späte DDR, die ein Jahr später ohnehin nicht mehr existieren wird. Wir wissen das heute, damals aber soll der BND angeblich bereits ein Jahr zuvor darüber informiert gewesen sein. Mehr und mehr saugt sich der anfangs noch so harmlos wirkende Krimi um einen einzelnen Mord nun an Verschwörungstheorien satt, wie sie nach dem Mord an Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen 1989 kursierten.

Ein neuer Ton im Krimigeschäft des ZDF

Regisseurin Meletzky bringt hier endlich mal einen neuen Ton ins Krimigeschäft des ZDF. Sie zeigt nicht den zigsten Ermittler, sondern lässt einen Stoff sich ausbreiten, der immer wieder überrascht. Faszinierend gezeichnet ist auch das ungewöhnliche Fluchtpärchen aus einem Polizisten und einer ehemaligen Terroristin. Letzteres hätte man fast schon vergessen, wenn Nina nicht noch immer Sklavin ihrer alten Reflexe wäre. Was eine Verkäuferin zu spüren bekommt, die gerade zum Telefon greifen will, um die Flüchtigen zu denunzieren.

Fazit: Ein erfrischend ungewöhnlicher Krimi, der sich nach und nach auch an Verschwörungstheorien heranwagt. Albrecht Abraham Schuch und Hannah Herzsprung machen das Ganze erst recht sehenswert.

Sendetermin: 21. August, 20.15 Uhr, ZDF