Essen. In dem Film „Club Europa“ nimmt eine Berliner WG einen Flüchtling auf. Doch die Aufnahme des jungen Mannes bringt Konflikte mit sich.

„Ich wollte Teil der Lösung sein und nicht nur das Problem sehen.“ Die Vergangenheitsform, in der Martha (Sylvaine Faligant) Motivation und Handeln zu erklären versucht, lässt gleich zu Beginn des Fernsehspiels „Club Europa“ das Scheitern erahnen. Aber das Leben geht irgendwie weiter.

Für die junge Frau und ihre beiden Mitbewohner einer international besetzten WG in Berlin-Kreuzberg ist es gar keine Frage: Ein bisher kaum genutzter Raum soll einem Flüchtling zur Verfügung gestellt werden. Nicht erst mit dem Einzug von Samuel aus Kamerun (Richard Fouofié Djimeli) beginnt für die drei ein humanitäres und moralisches Abenteuer, dessen Ausgang zwar unbestimmt ist, das aber voller Elan und Optimismus angegangen wird.

Deprimierende, musikalisch verstärkte Bilder

Man sieht die Halbfranzösin Martha, den Amerikaner Jamie (Artjom Gilz) und Yasmin (Maryam Zaree), die osteuropäische Wurzeln hat, beim Zusammenbau eines Modulbettes. Doch zuvor schwenkt die unruhige Handkamera eine gefühlte Ewigkeit lang durch das wenig anheimelnde Altbauzimmer.

Es sind deprimierende, musikalisch verstärkte Bilder der Ödnis, der Hilf- und Ausweglosigkeit, die bis zum Schluss immer wieder aufgegriffen werden. Leider trägt das engagierte Fernsehspiel, Teil vier der Nachwuchsregisseurinnen gewidmeten Sommerreihe „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“, diese pessimistischen Elemente von Anfang an wie ein Fanal vor sich her.

„Club Europa“ scheint fast ein wenig aus der Zeit gefallen

Gleichwohl ist Franziska M. Hoenisch für ihre Diplomarbeit an der Filmakademie Baden-Württemberg in diesem Jahr mit dem renommierten Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet worden. Hoenisch begann 2014 mit den ersten Arbeiten an dem Projekt. Damals war die sogenannte Balkanroute noch kein Thema; der große Flüchtlingsstrom setzte erst ein gutes Jahr später ein, das Türkeiabkommen lag noch in der Ferne.

Insofern scheint „Club Europa“ fast ein wenig aus der Zeit gefallen. Doch gerade das wird jetzt zum großen Vorteil: Der Blick richtet sich auf grundsätzlichere Fragen nach Humanität, Moral, Ethik, auf die der Zuschauer seine eigenen Antworten finden muss.

Leben in der Illegalität

Die entscheidende Frage, die der mit weitgehend unbekannten Berliner Jungschauspielern im Stil einer Dokumentation realisierte Film stellt: Wie weit geht persönliches Engagement, wann zerbrechen Ideale an der Realität, wo liegen die individuellen Grenzen der Hilfsbereitschaft?

Yasmin, Jamie und Martha, die trotz aller Belastungen inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis zu Samuel entwickelt haben, müssen plötzlich auf eine dramatische Entwicklung reagieren. Samuels Asylantrag wird abgelehnt. Der Kameruner will sich falsche Papiere beschaffen, um in Deutschland, in der Berliner WG zu bleiben. Gerade für Lehrerin Yasmin wäre es existenzbedrohend, ihm dabei zu helfen.

Fazit: Ein sehenswertes Regiedebüt im Doku-Stil, das auch aufgrund der Mehrsprachigkeit (z.T. deutsche Einblendungen) und der Tonqualität einige Anforderungen an den Zuschauer stellt.

Donnerstag, 27. Juli, ZDF, um 23 Uhr