Berlin. Eine Serie zum Lachen und Weinen: Milo Ventimiglia und Chrissy Metz spielen in „This is us“. Ein Gespräch über Familie und Optimismus.

Liebesglück, Selbstzweifel, verflochtene Schicksale: In den USA ist „This is us – Das ist Leben“ ein Überraschungshit, eine warmherzige Serie über das Leben einer nicht ganz alltäglichen Familie. Die erste Staffel wurde von Kritikern und Publikum gefeiert, zwei weitere Staffeln sind bereits in Planung. Nun kommt „This is us“ nach Deutschland. ProSieben zeigt die Familienserie ab dem 24. Mai.

Die Hauptdarsteller Milo Ventimiglia (39), der Familienvater Jack Pearson spielt, und Chrissy Metz (36), die Kate Pearson mimt, stellten „This is us“ in Deutschland vor. Mit uns sprachen die Serienstars über Familie, Optimismus und was sonst im Leben wichtig ist.

Können Sie erklären, warum die Serie „This is us“ bei den Menschen so gut ankommt?

Milo Ventimiglia: Ich glaube, weil sie von etwas handelt, das jeder aus seinem eigenen Leben kennt: Die Reise des Lebens, die Kämpfe des Lebens, die alltäglichen Herausforderungen. Und es gibt die kleinen Momente zwischendurch, wo man glücklich ist und lachen kann – auch unter Tränen.

Chrissy Metz: Wir sind alle auf unserer eigenen Reise durch das Leben, und wenn wir dann eine Serie sehen, die sich wirklich über mehrere Generationen, über die Vergangenheit und die Gegenwart hinweg erstreckt, und in der es um alles geht – Gewichtsprobleme, Rassismus, Alter, Vaterschaft – dann findet jeder darin etwas, das mit ihm zu tun hat.

Haben Sie mit dem Erfolg gerechnet? Dachten Sie: Das ist eine sichere Sache, das Publikum wird es lieben?

Ventimiglia: Wir wussten, als wir das Drehbuch gelesen haben, dass es anders ist als alles andere, was wir bisher gelesen haben. Aber man kann es nie vorher sagen.

Chrissy Metz und Milo Ventimiglia im Gespräch mit Jana Hannemann (r.) und Anne Diekhoff (l.).
Chrissy Metz und Milo Ventimiglia im Gespräch mit Jana Hannemann (r.) und Anne Diekhoff (l.). © Reto Klar | Reto Klar

Metz: Außerdem liest man erst mal nur Wörter auf Papier. Sie werden zum Leben erweckt mit den Schauspielern, der Musik, dem Schnitt – dann denkt man: Oh mein Gott, ich hätte nicht gedacht, dass es so toll wird. Wer einen Puls hat, wird die Serie mögen.

Sie haben einmal gesagt, dass sie nur noch 81 Cents auf Ihrem Konto hatten, als sie für diese Rolle vorsprachen. Was hätten Sie gemacht, wenn Sie sie nicht bekommen hätten, Chrissy?

Metz: Gute Frage. Ich hatte schon überlegt, ob ich zurück nach Florida gehen soll, wo meine Familie lebt. Aber meine Mutter sagte: Du kannst in Los Angeles unglücklich sein oder hier in Florida, aber in Los Angeles verfolgst du wenigstens deinen Traum. Das war ein gutes Argument.

Sonst wäre ich jetzt vielleicht Vorschul-Lehrerin in Florida. Oder ich würde weiterhin als Künstleragentin arbeiten, was ich neun Jahre lang gemacht habe, weil sie keine Plus-Size-Frauen für Serien gecastet haben. Aber wahrscheinlich wäre ich noch in L.A. und würde weiter kämpfen. Das hoffe ich zumindest. Aber das ist natürlich jetzt leicht zu sagen (lacht).

Sie, Milo, spielen Jack Pearson, einen liebevollen Familienvater. In den sozialen Medien wird er immer wieder „der perfekte Vater“ und „der perfekte Ehemann“ genannt. Sehen Sie das auch so?

Ventimiglia: Jack folgt seinem Herzen und hat nur Gutes im Sinn. Er ist ganz einfach: Er liebt seine Frau, und er liebt seine Kinder. Ich bewundere seinen Wunsch, für seine Familie alles zu geben. Aber er ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Es gibt kein „perfekt“. Das Perfekte ist in den Fehlern, in den Kämpfen, in der harten Arbeit. Ich genieße es, einen Mann zu spielen, der mir sehr vertraut ist. Jemand, von dem ich das Gefühl habe, ich könnte ihm zufällig auf der Straße begegnen. Oder bei einem Baseballspiel. Er könnte mein Nachbar sein, mein Vater oder ich selbst.

Steckt in der Figur etwas von Ihrer eigenen Erfahrung, von Vätern, die Sie getroffen haben, oder vielleicht Ihrem eigenen Vater?

Ventimiglia: Ja, ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass ich eine Version meines eigenen Vaters spiele.

Metz: Echt?

Ventimiglia: Ja. Mein Vater war so witzig!

Metz: Bring mich nicht zum Weinen. (Metz verdrückt eine Träne.)

Ventimiglia: Er war witzig, aber er sorgte auch dafür, dass wir die richtigen Lektionen lernen. Er sorgte dafür, dass wir als Kinder alles hatten, aber gleichzeitig wollte er auch, dass wir hart arbeiten. Dass wir uns die Dinge, die wir bekamen, verdienten. Mein Vater hatte zwei Jobs: den einen, mit dem er seine Familie versorgte, und dann den, für diese Familie der Vater zu sein. Er hat also nie eine Pause davon gemacht, sich für die Familie anzustrengen. Mein Vater hat viel geopfert. Meine Mutter auch – so machen Eltern das! Eltern geben immer alles für ihre Kinder, das finde ich schön.

Wie hat diese Serie Ihr Leben verändert?

Metz: Um 180 Grad. Das fängt schon damit an, dass ich mir Benzin leisten kann. Denn mit den 81 Cent auf dem Konto kriegt ja man kein Benzin für sein Auto (lacht). Ich lerne plötzlich Leute kennen, mit denen ich sonst nie gesprochen hätte, deren Leben sich durch die Serie verändert hat. Dafür machen wir Künstler das ja: um unsere Erfahrungen zu teilen.

Ich bin Teil von etwas Magischem, mit so vielen tollen Menschen. Jeden Tag denke ich wieder „Was? Das ist mein Leben?“. Ich meine, ich war noch nie zuvor in Europa!

Milo, Sie sind ja schon länger im Geschäft …

Ventimiglia: Ja, ich stehe seit 22 Jahren vor der Kamera. Aber wenn man so eine Arbeit macht, die die Zuschauer auf so einer persönlichen Ebene berührt, ist das besonders befriedigend für mich als Künstler. Ich habe das Gefühl, die Serie hilft Menschen, eine bessere Version ihrer selbst zu werden.

Metz: Ich glaube, die Serie zeigt den Menschen, sich selbst zu lieben. Und sich in andere Menschen einzufühlen. Weil wir doch eigentlich alle nur versuchen, mit dem Leben klarzukommen. Und es zu genießen.

Ich habe mit fremden Frauen auf der Damentoilette geheult. Eine Frau kam auf mich zu und erzählte mir, dass sie ihre Tochter und deren Gewichtsprobleme nie verstanden hat. Sie hatte ihr immer nur gesagt: Mach Sport, hör auf zu essen. Dabei geht es nicht um das Essen. Das Essen ist nur ein Symptom. Wir versuchen alle nur, eine Leere zu füllen. Mit irgendetwas. Essen. Zigaretten. Drogen. Alkohol. Aufmerksamkeit. Die sozialen Medien.

Chrissy, Sie haben gerade erwähnt, wie sie mit anderen Frauen über ihre Probleme sprechen. Wie fühlen Sie sich als Vorbild für so viele Menschen?

Metz: Es gibt so viele unglaubliche Frauen – übergewichtig oder nicht, älter oder jünger – die ganz besondere Menschen sind. Das sind Vorbilder. Jeder, der einen inspiriert oder ermutigt, ist ein Vorbild. Es ist auf jeden Fall ein großes Kompliment, wenn jemand mich ein Vorbild nennt. Und wenn überhaupt, dann hoffe ich, dass ich dadurch, dass ich mich selbst liebe, andere dazu ermutigen kann, sich auch selbst zu lieben.

Haben Sie eine Botschaft?

Ihr Leben hat sich mit „This is us“ um 180 Grad gedreht: Chrissy Metz ist für viele Frauen nun ein wichtiges Vorbild.
Ihr Leben hat sich mit „This is us“ um 180 Grad gedreht: Chrissy Metz ist für viele Frauen nun ein wichtiges Vorbild. © Reto Klar | Reto Klar

Metz: Ja, ich denke, die Botschaft ist: Das einzige, worauf es ankommt, ist, wie wir miteinander umgehen. Alles andere ist egal. Wen kümmert es, wie groß dein Haus ist, wie viel Geld du hast, wie viele Nullen du auf der Waage oder auf dem Bankkonto hast.

Sehen Sie sich selbst heute anders als etwa noch vor zehn Jahren?

Metz: Ja und nein. Jeder von uns entwickelt sich doch immer weiter. Es gibt Dinge, die ich an mir ändern will. Aber ich glaube, dass man sich selbst so lieben muss, wie man gerade ist, um derjenige zu werden, der man sein will. Ich weiß, das ich nicht perfekt bin. Aber wenn ich zum Beispiel etwas essen will, dann möchte ich es genießen und mich danach dafür nicht bestrafen.

Ich bin mehr als mein Körper, meine Herkunft oder mein Gesundheitszustand oder was auch immer. Ich konzentriere mich darauf, positiv zu denken.

Waren Sie immer schon ein optimistischer Mensch?

Metz: Oh, ja! (Sie klingt so begeistert, dass Ventimiglia laut auflacht.) Meine Großmutter hat mir das immer eingeflößt: Sei ein guter Mensch. Darauf kommt es an.

Milo, in Deutschland war die Serie „Gilmore Girls“ ein Riesenerfolg. Für viele sind Sie immer noch Jess. Stört sie das?

Ventimiglia: Nein, überhaupt nicht. Jess ist ein Teil meines Lebens. Ich war 25 Jahre alt als ich ihn gespielt habe. Die Schwierigkeit ist nur bei dem derzeitigen Trend, jede Serie aus der Vergangenheit fortzusetzen, dass Menschen sich nicht so leicht von einer alten Figur verabschieden und etwas Neues akzeptieren können. Als wollte man, dass seine Lieblingsband nur die alten Hits spielt.

Ich finde es aber toll, dass „Gilmore Girls“ immer neue Fans dazu bekommt. Allerdings wundern die sich dann, dass ich nicht mehr 17 bin...

Im „Gilmore Girls“-Revival, das seit einem halben Jahr bei Netflix zu sehen ist, ist Jess immerhin auch erwachsen. Wie war es, zurück in die Vergangenheit zu reisen?

Milo Ventimiglia und Chrissy Metz haben mit „This is us“ in den USA einen Hit gelandet.
Milo Ventimiglia und Chrissy Metz haben mit „This is us“ in den USA einen Hit gelandet. © Reto Klar | Reto Klar

Ventimiglia: Es war lustig, aber es war auch anders. Es war unmöglich, dieselbe Crew von damals zusammenzubringen. Ich kannte den Kameramann nicht oder den Typen, der zwischendurch die Sandwiches macht. Und für mich sind diese Leute ebenso wichtig wie die Autoren und die Schauspieler. Aber es hat Spaß gemacht, wieder die Texte von Amy und Daniel Sherman-Palladino (Anm. d. Red.: die Autoren) zu sprechen. Ich bin ein großer Fan von den beiden.

Würden Sie denn für noch mehr „Gilmore Girls“-Folgen unterschreiben?

Ventimiglia: Ich bin gerade ganz gut mit Jack beschäftigt (lacht). Man weiß zwar nie, was aus der neuentdeckten Begeisterung für das „Gilmore Girls“-Revival wird. Aber ich sehe das wie eine Zugabe bei einem Konzert. Man klatscht, wenn die Band nach dem Konzert die Bühne verlässt, und dann kommt sie noch einmal zurück. Aber wenn die Musiker dann wieder von der Bühne gehen, sind sie weg. Sie steigen in ihren Bus und fahren weg. Dann holt man sich die CD und hört sie auf dem Weg nach Hause im Auto.

Dann aber nochmal auf die Bühne zurückzukehren, ist in meinen Augen ein bisschen ex­zes­siv. Ich finde es toll, dass die Fans noch einmal ein kleines Stückchen der Geschichte bekommen haben. Aber ich möchte mich vorwärts bewegen im Leben.

Ein Motto Ihrer neuen Serie ist: Gibt das Leben dir Zitronen, mach Limonade daraus. Hat es Momente in Ihrem Leben gegeben, in denen Sie so gehandelt haben?

(Metz die erkältet ist, muss husten und verlässt kurz den Raum)

Ventimiglia: Ich bin dazu erzogen worden, immer positiv und optimistisch zu sein. Egal, was das Leben dir gibt – die sauersten Zitronen, die es zu bieten hat: Man muss etwas daraus machen, das Limonade zumindest ähnelt. Ich hatte solche Momente. Man bewegt sich da einfach durch. Wichtig ist, im Hier und Jetzt zu leben. Ich versuche, präsent zu sein und jeden Moment, den ich erlebe, zu schätzen zu wissen.

(Metz kommt zurück)

Ventimiglia: (In Richtung Metz) Ich war gerade sehr tiefsinnig.

Metz: Aber darum geht es ja auch! Jede Erfahrung, jede Gelegenheit ist eine Chance, Limonade aus Zitronen zu machen. Zum Beispiel, dass ich jetzt rausgegangen bin wegen des Hustens, hat Milo ermöglicht, sich anders auszudrücken, als wenn ich da gewesen wäre.

Ventimiglia: Ich würde alles vor dir sagen! (lacht)

Metz: Ja, aber als Beispiel! Vielleicht hat es ja doch etwas verändert. Es geht nicht darum, was einem passiert, sondern wie man darauf reagiert.

• „This is us – Das ist Leben“ läuft ab dem 24. Mai, immer mittwochs um 21.15 Uhr auf ProSieben