Essen. Neue ARD-Serie „Frau Temme sucht das Glück“ überzeugt mit Komik, die nachdenklich stimmt. Bislang wurden erst sechs Folgen gedreht.

Die erste große Überraschung des noch jungen Fernsehjahres ist da: Mit der Serie „Frau Temme sucht das Glück“ legt das Erste eine wunderbar komische, abseitige und kluge Produktion mit durch die Bank überzeugenden Schauspielern vor. Überraschend ist das vor allem deshalb, weil der Ausgangspunkt der Geschichte enorm konstruiert und sperrig klingt. Darum geht es: Die Rheinische Versicherung steckt in einer tiefen Krise und braucht dringend neue Geschäftsmodelle.

Die neueste Idee: eine „No-Limit-Versicherung“, bei der die Kunden für jede Eventualität eine Versicherung abschließen können. Die Risiko-Analystin Carla Temme (Meike Droste) gehört zu einem kleinen Team, das diese Neu-Entwicklung zu einem Erfolg machen soll. An ihrer Seite sind der Abteilungsleiter Hans-Peter Mühlens (Martin Brambach), der Anwalt Horst Ballsen (Ronald Kukulies) sowie der karrierebewusste neue Mitarbeiter Frank Weber (Sebastian Schwarz).

Gefahren gefrorener Hähnchen

In der Auftaktfolge hat gleich der erste Kunde einen irritierenden Wunsch: „Ich brauche eine Versicherung für den Fall, dass ich von einem gefrorenen Hähnchen erschlagen werde“, stellt der Hähnchenfabrikant Helmut Färber (Jörg Witte) sein Anliegen vor – und hat dabei einen Fahrradhelm auf dem Kopf. Karrierist Frank Weber ist begeistert und entwirft für den schrägen Vogel einen kostspieligen Vertrag.

Die menschenfreundliche Carla dagegen rät dem Unternehmer von seinem Vorhaben ab. Die Versicherung sei viel zu teuer, er werde betrogen und die Wahrscheinlichkeit, dass er auf diese Weise ums Leben kommt, sei sehr gering. Carla Temme ist eine Sympathieträgerin, die von Meike Droste – bekannt aus „Mord mit Aussicht“ – bestechend gut verkörpert wird. Ihre Carla Temme steht für die absolute Durchschnittlichkeit, sie ist weder Glamour-Girl noch Drama-Queen. Aber es treten immer mehr interessante Seiten an ihr zum Vorschein.

Schwerer Schicksalsschlag

Sie ist schlagfertig, intelligent, hat liebenswerte Macken und ein großes Herz. Zudem muss sie einen schweren Schicksalsschlag verkraften: Vor zehn Jahren ist ihr damaliger Freund spurlos verschwunden. Seitdem erhofft sie sich – das erklärt den Sendetitel – endlich wieder Glück und Zufriedenheit im Leben.

Die zweite geniale Figur der Serie ist der von Martin Brambach furios gespielte Abteilungsleiter. Dieser Mann scheint dem Wahnsinn nahe und bestimmt schon lange nicht mehr, wo es langgeht. Mal will er der beste Freund seiner Kollegen sein, dann verfällt er in letztlich doch nur halbherzig ausgeführte cholerische Anfälle. Was für ein Typ!

Nachdenkliche Momente

Dieser Serienauftakt ist komisch, aber es gibt immer wieder überzeugende, passend eingeflochtene traurige und nachdenkliche Momente. So haben fast alle Figuren Probleme, die ernst genommen werden und nicht als Gag-Material dienen. Nur schade, dass bislang erst sechs Folgen gedreht wurden.

Fazit: Endlich mal wieder eine wirklich originelle Serie: Komisch, klug, bewegend und mit einer tollen Hauptdarstellerin!

Dienstag, 24. Januar, 20,15 Uhr, ARD