Braunschweig. Im Braunschweiger HAUM verbinden sich Moderne und Geschichte auf allen Ebenen.

Zeitgenössische Architektur kann auch ganz anders. Das wiedereröffnete Herzog Anton Ulrich Museum (HAUM) in Braunschweig ist ein Beispiel dafür, wie ein Gebäude im äußeren fast unberührt erscheint und innen dennoch eine Zeitenwende stattgefunden hat. Das Innere des Altbaus präsentiert seinen ganzen Reichtum mit frischen Farben, neuen Materialien und Gestaltungselementen sowie wieder erlebbaren Raumaufteilungen.

Ohne den von Lehmann Architekten gestalteten Erweiterungsbau auf der Rückseite zum Park aber wäre der ganze Umbauprozess nicht möglich geworden. Der 2010 eröffnete Bau ist eine sensible Ergänzung zum Altbau, in der Schlichtheit fast sakral, zurückhaltend, und stellt sich mit den Kontrasten seiner Materialien: Glas, Aluminium in Anthrazit, Sandsteinsockel weder in Konkurrenz zum Alten noch zur Natur. Er bietet Platz für Museumspädagogik, Depots und Werkstätten, Bibliothek und Kupferstichkabinett, eine komfortable Cafeteria sowie für die Büros der Verwaltung.

Der um 1887 fertiggestellte Altbau ist eine Planung des Architekten Oskar Sommer und beherbergt eine der größten internationalen Sammlungen für Malerei sowie eine der bedeutendsten grafischen Sammlungen Europas. Vergangenheit und Zeitgeist miteinander zu verbinden, das hat hier Tradition und bestimmte bereits den Bau des Hauses. Der langgestreckte Baukörper mit seinen zwei gratigen Lichtkuppeln an den Kopfseiten ist ein Kind des Historismus und außen an der italienischen Spätrenaissance orientiert. In seiner Tragkonstruktion mit Holz und Stahl aber entsprach das Gebäude damals neuesten Techniken. Das Haus als Tageslichtmuseum anzulegen, war ein Novum in der Museumsarchitektur.

Heute wird diese spektakuläre Atmosphäre als eine prachtvolle Inszenierung eines Aufeinanderfolgens von Ausstellungsräumen mit Oberlichtsälen und Seitenkabinetten wieder sichtbar. Die Umbau- und Sanierungsarbeiten waren komplex. Die energetische Ertüchtigung von Gebäudehülle und die Erneuerung der Heizungs-, Luft-, Licht- und Klimatechnik gehörten dazu, die Tragkonstruktion musste überarbeitet, Wände, Böden und Türen restauriert werden.

Im Vordergrund aber stand die Wiederherstellung der ursprünglichen sechs zusammenhängenden Ausstellungsräume. „Wir wollten mit dem Freischälen des verbrämten Gebäudes seine erstklassige und imposante Architektur mit den fulminanten Raumfolgen wieder sichtbar machen“, so der Braunschweiger Architekt Uwe Kleineberg, dessen Büro den Umbau begleitete.

Das Alte zu retten und es mit Augenmaß zu etwas Neuem zu machen, findet durch die neue Ausstellungsarchitektur des Berliner Büros Kuehn Malvezzi eine weltoffene und lebendige Ergänzung. Mit neuen Farben und Wandbespannungen in den Gemäldesälen, einer Neueinrichtung des grafischen Schaukabinetts und der Neugestaltung der Präsentation von Skulpturen und Angewandter Kunst im 2. Obergeschoss, mit eigens für die Sammlung gestalteten Vitrinen werden die reichhaltigen Sammlungsbestände des Museums wirkungsvoll sicht- und erlebbar.