Berlin/Bonn. Pharmakanten tragen Verantwortung und absolvieren eine anspruchsvolle Ausbildung.

Natascha Zehe darf sich im Job keine Nachlässigkeit erlauben. Würde die Pharmakantin sich ablenken lassen, entstünde Gefahr für alle Patienten, die auf die von ihr überprüften Arzneimittel angewiesen sind. Die Produktion der Tabletten, Salben oder Zäpfchen wäre umsonst gewesen. „Wenn ich einen größeren Fehler mache, kann gegebenenfalls die ganze Charge nicht mehr verkauft werden“, sagt die 23-Jährige. Eine Charge – das sind zum Beispiel rund 22 000 mit Salbe befüllte Tuben.

Noch nie ist der Berufseinsteigerin solch ein Fehler passiert, eine Horrorvorstellung sei es dennoch. Der Alltag von Pharmakanten führt ihnen stets die Verantwortung für die Gesundheit der Patienten vor Augen. „Ich bin ein exakter Mensch – das hilft mir, weil jeder Punkt passen muss“, sagt Zehe, die in der Abteilung für Qualitätssicherung des Berliner Pharmazieunternehmens Dr. Kade arbeitet. Die Pharmakantin stellt sicher, dass Messgeräte und Hilfsmittel in der Produktion zuverlässig funktionieren.

Davor hat Natascha Zehe sich dreieinhalb Jahre ausbilden lassen. Angehende Pharmakanten lernen nicht nur, Qualitätskontrollen vorzunehmen. Sie werden mit Wirkstoffen vertraut gemacht, bedienen Hightech-Geräte, die sie auch reinigen und warten, und sie stellen Arzneimittel selbst her, erläutert die Bundesagentur für Arbeit.

Natascha Zehe produzierte in der gerade abgeschlossenen Ausbildung zum Beispiel Salben. Und das geht so: Zu Beginn der Produktion überprüfe ein Pharmakant, ob alle Materialien gereinigt und desinfiziert sind. „Dann wiegt man die Substanzen, in dem Fall die Fettgrundlage der Salbe, die Hilfsstoffe und den Wirkstoff“, sagt sie. In großen Heizkesseln schmelze das Fett dann ein.

Die Arbeit endet nicht bei der fertig produzierten Salbe oder Tablette. Pharmakanten haben auch die Verpackung im Blick. Sie überprüfen, ob Haltbarkeitsdatum und Zulassungsnummer korrekt sind und ob Bezeichnung und Produkt übereinstimmen.

Neben dem Hang zu Naturwissenschaften verlange die Ausbildung ein grundsätzliches technisches Verständnis, sagt Julia Richter, Sprecherin beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. „Wichtig sind aber auch Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein.“ Der Ausbildungsbetrieb verlange in der Regel einen guten mittleren Schulabschluss oder das Abitur.

Die Auszubildenden steigen nach Verbandsangaben mit einem Monatslohn von 750 bis 850 Euro ein. Er steigt im letzten Ausbildungsjahr auf 890 bis 1090 Euro. Oft laufe die Herstellung von Arzneimitteln im Schichtdienst und meist im Stehen ab, sagt Richter. Das könne für manche eine Belastung sein.

Bereits als junger Pharmakant lässt sich ein Mehrfaches vom Ausbildungsgehalt verdienen. Allerdings schwankt das Einkommen je nach Standort und Unternehmen stark. Im Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit steht mit 3404 Euro ein verhältnismäßig hoher Bruttomonatsverdienst für Beschäftigte unter 25 Jahren. Allerdings berücksichtige die Statistik nur Bundesländer, in denen mindestens 1000 Pharmakanten beschäftigt sind, erklärt Pressesprecherin Vanessa Thalhammer.

Bezieht man sich auf die Datenbank des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, ergibt sich in der chemischen Industrie ein tarifliches Grundgehalt, das im Westen Deutschlands zwischen rund 2800 und 3309 Euro liegt, im Osten zwischen rund 2700 und 3100 Euro. In nicht tarifgebundenen Betrieben kann es deutlich geringer sein.

Natascha Zehe würde später gerne Pharma- und Chemietechnik studieren. Einen Effekt habe ihr Job schon jetzt, sagt sie. Wenn sie selbst zu Arzneimitteln greifen muss, weiß sie, was sie tut: „Ich nehme sie bewusster ein und weiß jetzt genau, was sie bewirken.“dpa