Das perfekte Wochenende. Der Braunschweiger Carspotter Joost ist oft unterwegs, um schicke Autos zu fotografieren.

Es ist eine Jagd, und die Beute ist schnell – und bunt. Im Straßendschungel der Großstädte sucht Joost die Reihen von Autos ab, gleichzeitig lauscht er nach dem charakteristischen Sound des städtischen Großwilds. Das satt-tiefe Brummen, das wütende Fauchen, das samtene Schnurren der Motoren. Joost ist ein Carspotter, seine Waffe ist der Fotoapparat.

Mit einem Rucksack und schnellen Schuhen flitzt der 13-Jährige durch die Städte. Schon von weitem entdeckt er die flachen, die breiten, die hochmotorisierten Wagen, die er vor die Linse bekommen möchte. Lamborghini, Bugatti, Pagani, Ferrari, Mercedes, BMW, McLaren gehören zu seinem Beuteschema – und zwar in freier Wildbahn.

Die Leidenschaft begann früh. „Addo“ war eines der ersten Worte, die der Braunschweiger sprechen konnte, also „Auto“. Und die Embleme auf den Autos hatte er schnell drauf, als er noch im Buggy saß, schließlich war alles auf Augenhöhe. 2010 wurde es dann ernst, als er zum ersten Mal einen Ferrari in Italien auf der Straße fotografiert hat. Und heute kennt er alle Typenbezeichnungen, erkennt an der Scheinwerferform den Autotyp, weiß Kosten, Häufigkeit, Verbreitung.

Wo er mit seinen Eltern oder auch allein hinreist, hat er den Fotoapparat dabei, weiß über die meist jugendliche Carspotter-Gemeinschaft, auf welchen Straßen, in welchen Gegenden die starken Kisten unterwegs sind: Meist da, wo sich viele exklusive Geschäfte aneinanderreihen oder teure Hotels. Wenn ein „Lambo“ aufkreuzt, spritzt sofort ein Haufen Carspotter herbei mit gezückten Objektiven. Es ist eine Stimmung, wie sie damals bei den Beatles gewesen sein muss: Aufgekratzt, euphorisch, triumphal.

„Es kommt mir nicht auf PS-Stärke oder den Preis an, sondern auf Exklusivität“, sagt Joost. Manchmal ergibt sich sogar ein Shooting mit einem Autobesitzer, der bereitwillig für ein oder mehrere der Autofans stillhält. Mal vor Graffitiwänden, vor Abbruchhäusern, vor Schlössern, in Straßenfluchten. Einige Besitzer sind total nett, erzählt Joost, andere blaffen die jungen Fotografen aber auch an. „Zu den netten gehören die Ferrari- und Lamborghini-Besitzer“, zählt Joost auf.

Was macht er mit den Bildern? Joost stellt sie auf seine Seite auf Instagram, wo er auch Hunderte Follower hat. Über Instagram hat er auch viele andere Carspotter kennengelernt, mit einem aus Braunschweig geht er manchmal auf Tour. Was man braucht? Eine gute Kamera, ein gutes Bildbearbeitungsprogramm und flinke Beine, sagt Joost.

Dass Carspotter in Verruf gekommen sind im Zusammenhang mit illegalen Autorennen, kann er nur halb nachvollziehen. „Bei den Rennen sind doch keine Carspotter dabei“, sagt er, kann aber verstehen, dass der Fankult manchem Autobesitzer zu Kopfe steigt. „Das ist komplett dumm“, ist sein Kommentar zu den illegalen Autorennen. Das jedenfalls ist ihm fern, wenn er ein Shooting verabredet. Mit einem Traumwagen wie dem edlen McLaren 675 LT Spyder vor dem Olympiastadion, die Fahnenmasten stehen Spalier, das Olympiazeichen schmückt den Himmel Berlins, eine Flügeltür reckt sich in die Luft. Was will man mehr an einem perfekten Wochenende?

Wie sieht Ihr perfektes Wochenende aus? Sagen Sie uns Ihre Vorschläge über (05 31) 39 00 320 oder an die Mail-Adresse: redaktion.wochenend@bzv.de