Bremen. Anfangs als utopisches Vorhaben belächelt, will sich die Marke mithilfe aus China nun tatsächlich in Deutschland etablieren.

Die Wiedergeburt der deutschen Automarke Borgward, die 1961 Konkurs anmelden musste, nimmt weiter Formen an. Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt, die für das Publikum an diesem Samstag öffnet, ist der zu neuem Leben erweckte Hersteller nicht mehr nur mit SUV-Modellen, sondern auch mit einer aufregend gestylten Coupé-Konzeptstudie vertreten. In Halle 9 des Messegeländes, wo sich in diesem Jahr auch etablierte Hersteller wie Ford, Kia, Honda und Mazda tummeln, hat das deutsch-chinesische Konsortium dafür einen durchaus respektablen Messestand aufgebaut.

Auf diesem präsentierte Borgward-Chef Ulrich Walker unter der Woche der internationalen Presse neben den Serienversionen seiner stadttauglichen Offroader BX5 und BX7 auch einen Prototypen namens Isabella Concept. Das fünf Meter lange Einzelstück ist nur 1,40 Meter hoch und zählt im Reigen der vielen Messe-Showcars durchaus zu den gelungenen Hinguckern. Designchef Anders Warming: „Das ist unsere moderne Interpretation der legendären und wunderschönen Borgward Isabella – verbunden mit einem revolutionären Interieur- und Bedienkonzept.“ Zur Erinnerung: Die alte Isabella gilt als der Borgward schlechthin. Angesichts der Trend-Thematik dieser IAA, also der zügigen Elektrifizierung möglichst vieler Fahrzeuge, ist der für die Studie gewählte Antrieb natürlich keine Überraschung. Die neue Isabella fährt ausschließlich mit Strom – und das sollen möglichst bald auch die SUV tun, die Borgward in Deutschland auf den Markt bringen will.

Zum Start, der hierzulande noch in diesem Jahr erfolgen soll, sind E-Mobile mit dem ein wenig an Renault erinnernden Rhombus-Logo allerdings noch nicht verfügbar. Deshalb wird so begonnen, wie man es auch schon in anderen Märkten geplant hat: mit Benzinern. Walker, früher Manager bei Daimler und für die Stuttgarter viel in Asien unterwegs: „Die ersten Fahrzeuge des Borgward BX7 TS Limited Edition sollen im vierten Quartal an Kunden ausgeliefert werden.“ Folgen werden dann der „normale“ BX7, der BX5 und der BX6, allesamt in Europa zunächst als Verbrenner. „Aufgrund der ständigen Nachfrage seitens unserer Kunden, aber auch um unsere Marke und unsere Produkte sichtbar zu machen, haben wir uns entschlossen, zunächst mit der Benzinversion des BX7 und des BX5 auf den Markt zu kommen. Es bleibt aber weiterhin unser Ziel, mit dem Start der Fertigung in Bremen primär Elektrofahrzeuge zu verkaufen“, verspricht Walker. 2015 hatte Borgward auf der IAA seinen Marktstart innerhalb der nächsten zwei Jahre angekündigt – und würde so Wort halten.

Während der neue AG-Firmensitz in Stuttgart liegt, die Geldgeber aus China kommen und dort bei Foton bislang auch die Fahrzeuge gebaut werden, plant Borgward in Bremen, dem historischen Standort, den Aufbau einer Fertigungsanlage. „Dort werden wir ab 2019 viele Teile von etablierten Zulieferern aus Europa montieren“, verspricht Axel Lengert, Kommunikationsdirektor von Borgward. Er löste im Gespräch mit unserer Zeitung auch das Rätsel auf, warum kürzlich in Hamburg auf einmal überall Fahrzeuge vom Typ BX7 mit Stuttgarter Kennzeichen zu sehen waren. „Wir haben einen Shuttleservice bei der Box-WM angeboten. Wenn Ihnen die Autos mehrfach in der Stadt aufgefallen sind, haben wir damit ja alles richtig gemacht.“

Online-Verkauf bei Sixt und Service womöglich bei A.T.U.

Die Präsenz auf der Straße ist das eine, die im Autohaus eine andere. Da es noch keine Borgward-Händler in Deutschland gibt, sollen die ersten Neuwagen online über Sixt verkauft werden – zu Preisen, die sich wohl eher an Anbietern wie Hyundai oder Kia orientieren als an Audi oder BMW. „Die Vereinbarung entspricht unserer Vorstellung von einem modernen Vertrieb, der den Fokus auf Kundennähe und damit auch Kundenzufriedenheit legt“, sagt Tom Anliker, Group Vice President Marketing, Sales & Services der Borgward Group AG. Was den Service angeht, ist Borgward gerade mit der Werkstatt-Kette A.T.U. im Gespräch.

Dass Borgward inzwischen tatsächlich weit mehr ist als die wilde Fantasie einiger Nostalgiker, zeigen diese Zahlen: Der Konzern hat nach eigenen Angaben bereits mehr als 5000 Mitarbeiter, einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro und schon rund 70 000 Fahrzeugbestellungen – diese allerdings in China. Walkers Ziel sind rund 500 000 Autos jährlich, die er in allen Teilen der Welt verkaufen will. Dann aber nicht mehr nur SUV – sondern vielleicht auch eine neue Borgward Isabella.