Braunschweig. Eine Porsche-Ära endet: Vierzylinder mit Turbo statt Sechszylinder-Saugmotor.

Sonne, leichte Sommerwölkchen am Himmel und 25 Grad: Die Cabriozeit ist da. „Oben ohne“ fahren ist auch heutzutage – trotz aller Verkehrsdichte – noch immer ein Vergnügen besonderer Art. Es verführt zum behaglichen Dahingleiten. Denn: Wer rast schon mit einem Cabrio? Belohnt werden Fahrer und Beifahrer durch ein Naturerlebnis. Besonders auf einsamen Nebenstraßen, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt. Man spürt den Wind, sieht viel von der Landschaft und hat nur den blauen Himmel über sich. Es duftet nach Korn, zuweilen nach Blüten, und in schattigen Wald-Passagen weht der Geruch von feuchter Erde ins Cockpit. Es ist durchaus kein Widerspruch, wenn auch potente Sportwagen wie der neue Porsche 718 Boxster als Cabrio beziehungsweise als Roadster sehr begehrt sind. Mit seinem exzellent sitzenden und fast alle Geräusche absorbierenden Verdeck kann er gleichzeitig auch als eine Art Coupé punkten. Und – per Knopfdruck ruckzuck vom Dach befreit – er bietet alle Vorzüge, die das Fahren „ohne Mütze“ nun mal beschert. Allerdings ist ein solcher Porsche schon um einiges teurer als seine Konkurrenten wie Audi TTS oder BMW Z4. Zumal wenn man sich auch noch aus der Liste der Extras bedient. Das kostet dann leicht noch mal 20 000 Euro zusätzlich.

718: Ein Kürzel voller Historie

Porsche hat den Boxster 1996 auf den Markt gebracht. 2005 kam als Pendant ein Coupé dazu, der Cayman. Beide Modelle werden seit dem Vorjahr unter dem Zahlenkürzel „718“ vermarktet. Was das bedeutet? 1960 brachte Porsche als Nachfolger für den Typ 550 einen neuen Rennwagen an den Start, der die Bezeichnung trug: Spyder 718 RS 60. Diese silbrig-flache Flunder wog nur 550 Kilo, hatte nur 1,6 Liter Hubraum und leistete 160 PS. Das war jedoch ausreichend viel Power, um zum Beispiel 1960 bei der berühmten Targa Florio auf Sizilien (durch Bonnier/Herrmann) die doppelt so großen Ferraris zu besiegen. Bei den 12 Stunden von Sebring war es nicht anders. Es reihte sich für den 718 Erfolg an Erfolg. Im Heck werkelte ein brillantes Stück Technik, ein Viernockenwellen-Vierzylinder. Genau diese Tatsache schlägt nun den Bogen zum heutigen Boxster 718; denn auch er besitzt einen Vierzylindermotor, aber mit Turboaufladung.

Toller Roadster, magerer Sound

Vierzylinder? Ja, das muss man wissen, wenn man sich heute für einen Porsche Boxster entscheidet. Es gibt nun den Sechszylinder-Saugmotor nicht mehr. Ihn schickte Porsche aufs Altenteil, um – wie vom Gesetzgeber gefordert – die Flotten-Emissionen zu drücken. Vierzylinder – da muss ein echter Porsche-Fan erst mal schlucken. Klar: Der 300 PS starke Boxster geht mächtig vorwärts, die Keramikbremsen haben enorm viel Biss und das Doppelkupplungsgetriebe ist „spitze“. Der 718 sieht auch super aus und hat sogar optisch ein wenig Ähnlichkeit mit dem früheren Renn-Spyder. Aber es ist halt kein Sechszylinder! Damit fehlt auch der echte Porsche-Sound. „auto, motor und sport“ schrieb: Der 718 klingt „wie ein wütender Käfer im Stimmbruch“. Aber vielleicht es ja auch so, dass dies die Kunden gar nicht stört.