Sölden. Mit einem Reisemobil auf Sprinter-Basis samt Allradantrieb ist man auch bei kalten Temperaturen und im Schnee gut gerüstet.

Es gibt ja diese ganz spezielle Art des Wintercampings, die sich vor allem bei der Generation Ü65, bekanntermaßen eine der wichtigsten Zielgruppen in der Reisemobil-Branche, recht großer Beliebtheit erfreut. Für diese sehr rüstige und reisefreudige Rentnerschaft ersetzt der Campingplatz im Süden von Italien, Spanien oder Portugal, wenn nicht gar Sizilien oder Marokko, den Altersruhesitz am Meer, den sich andere Zeitgenossen vielleicht in Form einer Immobilie erfüllen.

Hier geht es also darum, Kälte, Schnee und Eis zu entfliehen, der frostigen Jahreszeit mit einem drei- bis viermonatigen Aufenthalt in wärmeren Gefilden den Rücken zu kehren und im Kreise zahlreicher Gleichgesinnter auf dafür spezialisierten Campinganlagen mit entsprechender Infrastruktur zu überwintern.

Komfort-Extras heben Preise

an die 100000-Euro-Grenze

Aber natürlich steht diesen Winterflüchtigen auch die andere Fraktion entgegen. Jene, die explizit die Winterfreuden suchen. Skisportler, egal ob alpin oder nordisch, Skiwanderer, Leute mit dem besonderen Gespür für Schnee, die sich an der weißen Bergwelt niemals sattsehen können und die, gerade weil sie die Nähe zur Natur so lieben, gerne auch mit dem Reisemobil unterwegs sind. Richtiges Wintercamping also.

Brrrrrr – bei dem Gedanken daran braucht sich jetzt keiner zu schütteln. Denn die gute Nachricht ist: Kalt ist es nur draußen. Reisemobile bieten heutzutage hohen Wohnkomfort, egal ob Kastenwagen, teil- oder vollintegriertes Fahrzeug. Die schlechte Nachricht: Für winterfeste Modelle muss der Kunde schon etwas tiefer in die Tasche greifen, speziell wenn das rollende Eigenheim aus der Kooperation von Mercedes-Benz und Caravan-Hersteller Hymer stammt und der Sprinter als Basisfahrzeug mit dem zuschaltbaren Allradantrieb für allein 11 390 Euro Aufpreis kombiniert ist. So nähert sich etwa der Hymer ML-T 580, der in der Grundversion 66 490 Euro kostet, in der 4x4-Variante mit ein paar zusätzlichen Komfort-Extras schnell der 100 000-Euro-Grenze.

Doch der Reihe nach. Was heißt eigentlich wintertauglich? Oder winterfest? Im normalen Sprachgebrauch werden diese beiden
Begriffe ja in etwa gleich verwendet. Bei den Caravanern sind
diese Bezeichnungen allerdings DIN-Norm-geschützt und durch exakt vorgegebene Prüfverfahren klar abgegrenzt. So muss sich bei einem wintertauglichen Reisemobil ein auf null Grad heruntergekühltes Fahrzeug binnen zwei Stunden auf 20 Grad Innentemperatur erwärmen lassen und dieses Niveau auch halten. Bei einem winterfesten Wohnmobil gelten verschärfte Bedingungen mit der Aufheizung von minus 15 Grad bis plus 20 Grad.

Für mollige Wärme im Innern sorgen bei den Hymer-Reisemobilen entweder eine gasbetriebene Truma-Heizung mit Wasseraufbereitung und Umluft oder als Sonderausstattung für etwa 4500 bis 6000 Euro Aufpreis eine komfortablere Alde-Warmwasserheizung, die eine gleichmäßige und lautlose Wärmeverteilung ermöglicht. Zum Wärmeerhalt tragen zudem ein mit Polyurethan-Schaum gedämmter Aufbau, Fenster mit doppelter Acrylverglasung und die richtige Luftzirkulation bei.

Und natürlich zeigen sich auch in den gut geschützten Frisch- und Abwassertanks die Winterqualitäten eines Reisemobils. Isolierte Wannen, die von Warmluft durchströmt werden, verhindern hier ebenso ein Einfrieren wie bei den ebenfalls voll isolierten Zuleitungen. „Unsere Reisemobile sind allesamt winterfest“, erklärt
Hymer-Chef Bernhard Kibler.

Hervorragende Traktion auch auf spiegelglattem Untergrund

Zum gehobenen Wohnkomfort im Winter passt idealerweise auch der Allradantrieb, den Hymer ausschließlich bei dem teilintegrierten ML-T 580 und dem ebenfalls sieben Meter langen integrierten ML-I 580 anbietet. Letzterer kostet dann schon mindestens 90 000 Euro. Auch wenn der 4x4-Sprinter nun wirklich kein Offroader ist, erlaubt der zuschaltbare Allradantrieb durchaus Ausflüge auf unbefestigten Pfaden abseits asphaltierter Straßen. Eine vorn um elf und hinten um acht Zentimeter angehobene Karosserie ist dabei hilfreich, verleiht dem Reisemobil aber auch ein hochbeiniges, etwas SUVigeres Aussehen.

Vor allem überzeugt das Konzept aber auf schneebedeckten und zum Teil vereisten Straßen, wie wir sie auf dem für den öffentlichen Verkehr bereits gesperrten, bis zu zehnprozentigen Anstieg hoch hinauf aufs Timmelsjoch erfahren konnten. Hervorragende Traktion auch auf spiegelglattem Untergrund hielten den Hymer ML-T 580 auch in den Spitzkehren sauber und ohne tänzelndes Heck in der Spur.

Keine Frage, optionaler Allradantrieb ist teuer. Wer sich aber für die Kombination Mercedes Sprinter und Hymer entscheidet, schreckt wohl auch vor diesen Kosten nicht zurück. Der 4x4-Anteil ist gerade beim teilintegrierten ML-T 580 mit rund 25 Prozent extrem hoch. Nach den generell seit 2009 stetig und steil steigenden Zulassungszahlen, die auch in diesem Jahr ein neues Rekordniveau erreichen, dürfte dabei auch der Trend zum Wintercamping eine Rolle spielen. 2015 zählte das Statistische Bundesamt auf Deutschlands Campingplätzen rund 1,3 Millionen Übernachtungen in den Wintermonaten. Das sind 63,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch Lukas Kneisl, Juniorchef vom Campingplatz Sölden, bestätigt die wachsende Beliebtheit des Wintercampings: „Während hier in Österreich die Übernachtungszahlen im Sommer zuletzt leicht rückläufig waren, hatten wir in den vergangenen Wintern Jahr für Jahr ein Plus von rund fünf Prozent.“ Das zusätzliche Service-Angebot wie zum Beispiel abgeschlossene, beheizte Sanitäranlagen oder Ski- und Trockenräume für die nassen Klamotten der Wintersportler machen sich da bezahlt. Und so wie in Sölden, wo es nur etwa 200 Meter bis zur Gaislachkoglbahn sind, die bis auf die Bergstation in 3056 Metern Höhe führt, haben viele der Winterplätze zudem ganz klar ihre Standortvorteile.

Und wer selbst damit nicht zu locken ist, für den bleibt ja weiterhin die Variante mit dem Überwintern in südlichen Gefilden.